Warum für Russland spenden?

Oktober 2009:
In der letzten Zeit gibt es immer wieder Rückmeldungen von Bürgern aus unserer Region an den Vorstand der DRGK. Diese Bürger fragen sich, warum sie noch für Russland spenden sollten. In den Medien sei von Oligarchen zu lesen, die sich Villen in Südfrankreich kaufen und Millionenbeträge für Fußballclubs ausgeben. Im Urlaub begegne man immer wieder reichen Russen, die nur so mit Geld um sich werfen. Es gibt diese Erscheinungen- leider. Sie werden vom Vorstand der DRGK in keinster Weise gutgeheißen. Es steht aber außer Frage, dass die Mehrheit der Russen anders ist und sich vom Verhalten dieses kleinen Teils der Bevölkerung distanziert.
In Gesprächen mit Bekannten und Freunden in Moskau und Pereslawl-Salesskij wird klar, dass diese Menschen sich für das Auftreten ihrer Landsleute im Ausland schämen und sich ein soziales Engagement der Reichen im eigenen Land wünschen.
Die DRGK engagiert sich, weil sie überzeugt ist, dass ihr Einsatz denjenigen Menschen den Rücken stärkt, die sich ohne Eigennutz für ihre benachteiligten Mitmenschen vor Ort einbringen und ein Interesse am Aufbau ziviler Strukturen haben.

Gedanken (aus dem Jahr 2001) von Dorothea Volkert - Vorsitzende der DRGK e.V. 
Wer hätte je gedacht, dass der Kalte Krieg einmal beendet wird und Begegnungen zwischen Menschen diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs möglich werden!
Als dank Gorbatschows Politik der Perestroika (Umwandlung) und Glasnost (Transparenz) Mitte der 80-er Jahre der Vorhang durchlässiger wurde und es zu einer Annäherung zwischen dem Osten und dem Westen kam, freuten sich die Menschen auf beiden Seiten euphorisch über die neuen Freiheiten.
Sie hofften auf eine Demokratisierung der kommunistischen Gesellschaften, auf ein friedliches Zusammenleben der Völker und die weltweite Verwirklichung der Menschenrechte.
In den östlichen Gesellschaften erwarteten die Menschen nicht zuletzt auch eine Verbesserung ihres Lebensstandards.
Für mich selbst schien ein Traum in Erfüllung zu gehen. Noch während meines Studiums der russischen Sprache Ende der 70er Jahre schien eine Öffnung des Ostblocks reine Utopie. Nun war es möglich, die Menschen im Osten und ihre Kultur, die uns im Westen so lange verborgen geblieben war, näher kennen zu lernen.
Medienberichte über Mangelzustände in der damals noch sowjetischen Gesellschaft führten zu einer breiten Sympathiewelle im Westen für die Not leidende Bevölkerung in der Sowjetunion. Präsident Gorbatschows und Helmut Kohls Hilfeaufruf während des so genannten Hungerwinters 1990/1991 wurde von der deutschen Bevölkerung mit großem Engagement in Form von humanitärer Hilfe beantwortet. Unzählige Hilfstransporte wurden seit dieser Zeit auf den Weg gen Osten gebracht. Städtepartnerschaften entstanden, Russen und Deutsche kamen sich näher.
Seit 1996 unterhalte ich selbst intensive Kontakte nach Russland. Zunächst als einfaches Mitglied der Deutsch-Russischen Gesellschaft Kraichgau e.V. (DRGK) und ab 1997 als 2. Vorsitzende war ich maßgeblich an mehreren Hilfstransporten in die russische Partnerstadt von Neckarbischofsheim, Pereslawl Salesskij, beteiligt.
Hilfsaktionen in die Städte Moskau und Ulan-Ude in Sibirien schlossen sich an. Im Frühjahr 2001 absolvierte ich  während meines Studiums der Sozialpädagogik mein 2. Praxissemester in einer privaten sozialen Einrichtung in Moskau.
Während meiner Aufenthalte kam es zu den unterschiedlichsten Begegnungen. Ich erhielt Einblicke in die Arbeit von Behörden und Organisationen, in die Arbeit von Journalisten, Lehrern, Erziehern, Ärzten, Angehörigen des Militärs, Einblicke in das Leben von Heimkindern, von Behinderten, von kinderreichen Familien, Alleinerziehenden, Rentnern, Veteranen, Schwerkranken und Obdachlosen.
Die Idee zu Phönix, einem Selbsthilfeprojekt zur Re-Integration Moskauer Straßenkinder, entstand in der Zeit meines Praktikums in der russischen Hauptstadt während eines Gesprächs mit Maxim Jegorow.
Maxim Jegorow war damals Mitarbeiter der russischen Wohltätigkeitsorganisation Centre for Humanitarian Aid und verantwortlich für den Unterhalt einer Suppenküche in der Nähe der großen Moskauer Bahnhöfe Kasanskij, Jaroslawskij, Leningradskij und Kurskij. Er betreute zu jener Zeit auch eine Gruppe obdachloser Frauen, Kinder und Jugendlicher.
Gemeinsam unternahmen wir Ausflüge, beispielsweise in das Moskauer Umland oder ins Theater.
Es entwickelte sich zwischen diesen Kindern, den Jugendlichen, den Müttern und mir ein Vertrauensverhältnis.
Mit dem Kauf eines russischen Holzhauses im November 2001 durch die DRGK e.V. wurde der Grundstein gelegt für das Pilotprojekt Phönix. Durch dieses Projekt, das die Integration obdachloser und vernachlässigter Kinder in dörfliche Strukturen zum Ziel hat, erhalten ehemals obdachlose Menschen wieder eine Zukunftsperspektive. Gleichzeitig markiert dieses Projekt für die Arbeit der Deutsch-Russischen Gesellschaft Kraichgau e.V. auf dem Gebiet humanitärer Hilfe einen Wendepunkt.
Ausgehend von der bisherigen, breit angelegten Unterstützung von Kinderheimen, Internaten, Krankenhäusern in Form von Kleidung, medizinischem Gerät und Medikamenten etc., stand am Ende die Erkenntnis, dass nur eine strukturelle Aufbauhilfe in Form einer Hilfe zur Selbsthilfe, unter aktiver Beteiligung der russischen Seite, langfristig zum Erfolg führen kann.

Ein großes Anliegen ist es, denjenigen Menschen eine Stimme zu geben, die von den Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels am härtesten betroffen sind.

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