Hilfsstrukturen

Dorothea Volkert (1. Vorsitzende)

Tel. : 07263 - 2605

email: h-d-volkert@t-online.de

 

Bei den vorliegenden Texten handelt es sich um die Diplomarbeit von Dorothea Volkert, die hier in Auszügen veröffentlicht werden darf. Für Nachfragen oder Weiterverwendung der Texte setzten sie sich bitte mit Dorothea Volkert in Verbindung.

 

Die staatlichen Unterstützungsleistungen während der Übergangsperiode reichen wie beschrieben nicht aus, um eine menschenwürdige Existenz eines großen Teils der russischen Bürger zu sichern. Notwendig sind deshalb individuelle Überlebenstechniken, Selbsthilfeinitiativen und eine Unterstützung aus dem Ausland.
Es ist den schon zu Zeiten der UdSSR lebensnotwendigen und bedeutsamen informellen Netzwerken und den individuellen Bewältigungsstrategien zu verdanken, dass die Menschen, besonders die Familien mit kranken und behinderten Kindern, aber auch alte Menschen die existenzbedrohenden Folgen des gesellschaftlichen Wandels überstehen. Gemeint sind die Familie, die Freunde und die Arbeitskollegen, die eine moralische und emotionale Unterstützung, aber besonders auch in materieller Hinsicht eine wichtige Hilfe sein können. Auf sie ist eher Verlass als auf den Staat. Zur Familie, den Freunden und Arbeitskollegen hat man Vertrauen.
Entfallen diese Netzwerke, beispielsweise durch Arbeitslosigkeit oder die Auflösung von Familien, dann führt das nicht selten zu Tragödien, schlimmstenfalls zum Selbstmord und Mord. Am 1.2.1998 verzweifelte eine arbeitslose, allein stehende Mutter und stieß ihre beiden 6 und 8-jährigen Kinder aus dem Fenster, bevor sie sich selbst umbrachte. [1]
Eine weitere informelle Überlebenshilfe stammt noch aus den Zeiten der UdSSR. Gemeint ist das so genannte Blat-Netzwerk, ein System, das unserem Filz bzw. dem so genannten Vitamin B entspricht und auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruht. Hat man gute Verbindungen- meistens laufen diese über einen Freund, der wiederum einen guten Freund hat-, dann kann nahezu alles beschafft werden, und zwar mit Hilfe von Methoden der indirekten Bestechung wie beispielsweise geldwerter Vorteile. Wichtig ist, die guten Freunde bei guter Laune zu halten [2].
Nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems kam es zu einer Brutalisierung dieser „Blat“ - Mechanismen mit den bekannten Ergebnissen: Es wurde und wird korrumpiert und verschoben. Bestechungsgelder und geldwerte Vorteile werden auf den höchsten Ebenen akzeptiert. In den Behörden und in der Wirtschaft wird nach diesen alten Prinzipien gearbeitet.

Ehrenamtliches Engagement und Selbsthilfegruppen waren zur Zeit des Kommunismus nicht erlaubt. Öffentliches Engagement war parteistaatlich verordnet, die Teilnahme basierte nicht auf Freiwilligkeit. Eine auf privater Initiative basierende Vereinskultur, wie wir sie in Deutschland kennen, gibt es deshalb in Russland nicht. Versuche einzelner Initiativen, staatsunabhängige Hilfestrukturen aufzubauen, wurden strafrechtlich geahndet. [3] Die Menschen wurden so zur Unmündigkeit gezwungen und entwickelten gegenüber dem Staat, der ihnen eine eigene Entscheidung über ihr persönliches Schicksal verwehrte, eine Versorgungsmentalität. Sie überließen dem Staat die Verantwortung für ihr Leben.
Die postsowjetischen gesellschaftlichen Lebensverhältnisse brachten jedoch neue, bisher unbekannte Herausforderungen mit sich, die früher als Erscheinungen des kapitalistischen Westens gegeißelt worden waren. Die Menschen sahen sich auf einmal mit den Problemen Arbeitslosigkeit, Armut, Obdachlosigkeit, Drogenmissbrauch und organisiertem Verbrechen sowie dem Phänomen vernachlässigter Kinder konfrontiert. [4] So wie bisher, erwarteten sie Hilfe vom paternalistischen Staat. Schließlich hatte dieser in der Vergangenheit Allmacht suggeriert. Er war ihr Weltall, ihre Religion, der das Ich im Menschen unterdrückte. Nur das Wir zählte.
[5]
Der Staat war aber auf diese Herausforderungen nicht vorbereitet. Es fehlte eine soziale Infrastruktur, welche die Menschen in sozialen Notlagen hätte auffangen können. Den Berufsstand des Sozialarbeiters/ Sozialpädagogen gab es nicht. Ein soziales Netz von Prävention, direkter Hilfe und Nachsorge musste erst langsam aufgebaut werden. Dieser Aufgabe widmeten sich in der Folgezeit hauptsächlich autonome nichtstaatliche Organisationen. Seit 1985 haben sich mit dem Gewinn neuer Freiheiten unter Gorbatschow und als Antwort auf die vielfältigen sozialen Problemlagen die ersten privat organisierten Gruppen, hauptsächlich Betroffeneninitiativen, gebildet. Es entstanden die ersten Suppenküchen sowie Hilfen für alte Menschen, für Behinderte und Menschen in schwierigen Lebenssituationen [6] Diese Hilfen erschöpften sich zunächst im Verteilen von Kleidung.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Arbeit nichtstaatlicher Organisationen wurde erst in den 90-er Jahren geschaffen. Zunächst am 31.5.1991 durch die erstmalige Erwähnung des Terminus „nichtkommerzielle Organisation“ (NGO) in der Zivilgesetzgebung der damaligen UdSSR. Nichtkommerzielle Organisationen erhielten den Status eines Rechtssubjekts. [7]
Im Jahr 1991 wurden auch die Ausbildung von Sozialarbeitern/ Sozialpädagogen und der Beruf des Sozialarbeiters eingeführt. Da es im Kommunismus offiziell keine sozialen Probleme gab, verzichtete der Staat auf die Ausbildung von Fachkräften der Sozialen Arbeit. Armut war weder in der Wissenschaft noch in der Gesellschaft Thema eines öffentlichen Diskurses. Noch unter Gorbatschow wurde nicht von Armut gesprochen, sondern nur von „schlecht versorgten Familien“. [8] Auf die offiziell verschwiegenen, aber dennoch vorhandenen sozialen Probleme reagierte der kommunistische Staat mit repressiven Methoden.
Die Zahl der seither ausgebildeten sozialpädagogischen Fachkräfte reicht bei weitem nicht aus, um den vielschichtigen sozialen Problemlagen angemessen zu begegnen. In Sozialbehörden und sozialen Diensten arbeiteten Ende der 90-er Jahre weniger als 10 % Fachkräfte. [9] Sozialarbeiter und Sozialpädagogen werden wie alle anderen Vertreter sozialer Berufe in Russland schlecht bezahlt und genießen ein niedriges Sozialprestige. Wohl um dieses zu fördern und junge Menschen zum Studium der Sozialen Arbeit zu motivieren, wurde unter Putin am 27.10.2000 der „Tag des Sozialarbeiters“ eingeführt. Er wird am 8. Juni jeden Jahres gefeiert. Bis genügend professionelle Sozialarbeiter zur Verfügung stehen, arbeiten Psychologen, Pädagogen, Soziologen, Ärzten, Lehrer und Erzieher in sozialpädagogischen Arbeitsfeldern.
Die Tätigkeit von nichtkommerziellen Organisationen wurde Mitte der 90-er Jahre rechtlich festgelegt durch spezielle Bundesgesetze und Durchführungsbestimmungen, die eine rechtswidrige Tätigkeit ausschließen sollen. Der Zweck der Organisation muss festgeschrieben, ein Bericht über die Verwendung der Mittel abgegeben werden. Ohne Rücksicht auf die Tätigkeit der Organisationen, beispielsweise im sozialen Bereich, sollen u.a. Steuern bezahlt und das Recht auf einzelne Begünstigungen nachgewiesen werden.

Trotz der neuen Möglichkeiten konnten und können neue, zivilgesellschaftliche Strukturen nur sehr langsam aufgebaut werden. Die Menschen sind damit beschäftigt, ihr eigenes Leben neu einzurichten. Eigeninitiative beschränkt sich deshalb zum großen Teil noch auf den privaten Bereich. Für gesellschaftliche Angelegenheiten gab und gibt es nur ein geringes Interesse. Zu sehr hatten die Menschen die alten, obrigkeitsstaatlichen Strukturen verinnerlicht, - vor allem in den Behörden- , dass sie zunächst allem Neuen, besonders öffentlichen Organisationen, erst einmal misstrauisch gegenüber standen und in Ruhe gelassen werden wollten. Vielleicht fürchteten die staatlichen Organisationen aber auch einen Machtverlust durch das Auftreten einer nichtstaatlichen Konkurrenz und eine Infragestellung ihrer eigenen Tätigkeit.

Nach Kowaljow, dem damaligen Menschenrechtsbeauftragten von Jelzin, entstehen „Institutionen der Bürgergesellschaft“ in Russland erst dann, wenn es mündige Bürger gibt, besonders in den örtlichen Selbstverwaltungen, die vom Nutzen und der Notwendigkeit des Engagements überzeugt seien. [10] Einen weiteren Grund für das langsame Entstehen von privaten Initiativen nennt Meyer. [11] Er führt das geringe öffentliche Engagement der Bürger auf fehlende Energien der Menschen zurück. 40%-50% der Bevölkerung verbrauchten die Lebensenergie für den täglichen Überlebenskampf und für den Beruf, der ihnen keine Zeit für gesellschaftliches Engagement ließe [12] Bereits 1992 waren nach Neufeldt [13] Beratungsstellen, Krisendienste und Krisentelefone bei Problemen von Kindern, Jugendlichen und Familien vorhanden. Während früher bei psychosozialen Problemen eine Zwangseinweisung und Zwangsbehandlung verfügt wurde, basierte die Annahme der Hilfsangebote jetzt auf Freiwilligkeit. Was die Beziehung zwischen beratendem Personal und Klienten angeht, so würden nach Neufeldt jedoch noch zu wenig die sozialarbeiterischen Grundsätze von Selbstbestimmung, Akzeptanz und Empathie beherzigt. Soziale Kontrolle spielte nach wie vor eine Rolle.
1994 engagierten sich landesweit bereits etwa 400 registrierte Organisationen im Bereich Kinder und Jugendliche [14] Im Behindertenbereich werden von den neu entstandenen Initiativen neue pädagogische Konzepte umgesetzt und Eltern unterstützt in ihrem Wunsch, ihre behinderten Kinder zu Hause zu behalten. Die Familie wird zu Hause besucht und beraten, falls nötig wird eine Betreuung während der Abwesenheit der Eltern organisiert. Früher waren die behinderten Kinder, sofern sie in der Familie lebten, tagsüber oft sich selbst überlassen, da beide Eltern arbeiten mussten.
Wie auf einem Seminar im Moskauer Reha - Zentrum Preodolenije -L- am 5.4.2001 von allen teilnehmenden sozialen Einrichtungen hervorgehoben wurde, steht für sie eine Individualisierung der Hilfen und die gesellschaftliche Integration der behinderten Kinder im Vordergrund. Gearbeitet wird mit dem einzelnen Kind und seinen Eltern. Betont wurde die Bedeutung interdisziplinärer Zusammenarbeit von Sozialarbeitern, Ärzten und Pädagogen. Sie sei Voraussetzung für den Erfolg. Diese systemische Betrachtungsweise, bei der der einzelne Mensch und seine soziale Eingebundenheit im Mittelpunkt des professionellen Handelns stehen, kann als Indikator für die professionelle Entwicklung sozialarbeiterischen Handelns in Russland im Laufe der 90-er Jahre gewertet werden.

Unter dem kommunistischen System waren Behinderte ein Makel. Sehr oft wurden Waisenkinder oder Sozialwaisen, für deren Rechte sich niemand einsetzte, zu Unrecht als schwachsinnig (oligophren) eingestuft. Denn die Betreuerinnen hatten dadurch Anspruch auf einen Zuschlag auf ihr Gehalt, die Kinder durften nur 4 Jahre zur Schule gehen. [15]Ihnen war somit jeglicheZukunftsperspektive genommen. Behinderte Menschen galten als nicht förderungsfähig und -würdig. Eltern legte man deshalb schon bei der Geburt eines behinderten Kindes nahe, dieses in staatliche Obhut zu geben. „Was erwarten Sie von diesem Stück Holz? Es lohnt sich nicht, vergessen Sie das Kind“, rieten beispielsweise die Ärzte den Eltern der heute 14 Jahre alten, spastisch gelähmten Schenja. Sie empfahlen den Eltern, das Mädchen in ein Heim zu geben. Diese beschlossen jedoch, ihre Tochter nicht aufzugeben. „Der Mutter gehört ein Denkmal“, meinte der behandelnde Arzt, als er das Kind im Alter von 3,5 Jahren untersuchte und seine Fähigkeiten bemerkte. „Wer hat damals die Diagnose hoffnungsloser Fall gestellt?“ Er hatte schon vergessen, dass er selbst derjenige gewesen war..... Mit Unterstützung der ganzen Familie und von Freunden haben die Eltern es geschafft, dass Schenja heute lesen und schreiben kann und sogar Englisch lernt.
Gegenwärtig arbeiten in Russland insgesamt etwa 500 000 nichtkommerzielle und nichtstaatliche Organisationen. [16] Die Tätigkeit der autonomen Organisationen wird jedoch von den Verwaltungen immer noch nicht als integraler Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft anerkannt und ihre Bedeutung unterschätzt bzw. die Tätigkeit nicht gefördert.
1997 musste sich beispielsweise das Europäische Parlament bei den Moskauer Behörden dafür einsetzen, dass Bürgerinitiativen zugelassen werden, die sich um die Grundbedürfnisse der Straßenkinder kümmerten. Die Behörden hatten sich an die gesetzliche Bestimmung gehalten, dass den Straßenkindern, die nicht amtlich in Moskau gemeldet sind, offiziell auch keine Unterstützung zustehe. Bürgerinitiativen waren deshalb bei ihrem Versuch, humanitäre Hilfe zu leisten, behindert worden. [17]

Seit 1999, so der UNICEF-Bericht über Trends und Indikatoren in der russischen Wohlfahrtspflege [18], werde die soziale Infrastruktur seitens des Staates zugunsten von Familien und Kindern ausgebaut. Der Trend geht weg von verwahrenden Großeinrichtungen hin zu individuellen Betreuungsformen. Grundlage sind die föderalen Gesetze über die und die als Ergänzung zu den (29f.). Neu sind:

  • soziale Agenturen zur sozialen Unterstützung von Familien und Kindern in der häuslichen Umgebung
  • soziale Rehabilitationszentren für Jugendliche
  • soziale Schutzräume für Kinder und Jugendliche
  • Rehabilitationszentren für Kinder und Jugendliche mit eingeschränkten Fähigkeiten
  • psychologische und pädagogische Unterstützungszentren
  • psychologische Notrufe und
  • Frauenhäuser



Die Zahl der Unterstützungszentren für Familien und Kinder hat in den letzten 6 Jahren um das 21-fache zugenommen und lag Anfang 2000 bei 2 240 Einrichtungen. [19] Die zunehmende Vernachlässigung von Kindern hat den Staat anscheinend bewegt, den Fokus seiner Hilfen auf die Prävention und den bisher stark vernachlässigten Bereich Familie und Jugend zu legen.
Aufgabe der sozialen Agenturen für Familien und Kinder ist es, die Rechte der Kinder zu schützen und vorbeugende Hilfen gegen Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung anzubieten. Ziel ist der Verbleib der Kinder in den Familien. Es sollen Bedingungen geschaffen werden, die eine Rückführung der Kinder in die Familien ermöglichen. Eingesetzt werden, ähnlich der sozialpädagogischen Familienhilfe im deutschen Kinder-und Jugendhilfegesetz, sogenannte Familienpädagogen, die in ihrer Arbeit mit dem Klienten auch sein soziales Umfeld berücksichtigen. Diese Agenturen sollen auch mit Vormundschaftsagenturen zusammenarbeiten, die die Kinder im Notfall in Pflegefamilien oder bei Adoptiveltern unterbringen.
Laut UNICEF[20] wird es die Aufgabe der sozialen Arbeit in Russland in den nächsten Jahren sein:

  • Programme zur Vorbeugung von häuslicher Gewalt zu entwerfen und umzusetzen
  • zusätzliche Netzwerke zu schaffen, die den Opfern von häuslicher Gewalt helfen
  • die familienunterstützenden Angebote auszuweiten
  • zielgruppenorientierte Hilfe für stark gefährdete Kinder und Jugendlichen anzubieten


Wer die Realität in Russland kennt, weiß, dass der Weg hin zu einem menschenwürdigen Umgang mit sozial benachteiligten Personen sehr steinig sein wird. Die beschriebenen Ziele sind nur erreichbar, wenn sich in den Köpfen der Entscheidungsträger und der Gesamtgesellschaft ein neues Menschenbild und ein Gefühl der sozialen Verantwortung manifestiert und soziale Arbeit eine Aufwertung erfährt.
Erforderlich ist die Erkenntnis, dass die großen sozialen Probleme nur in Zusammenarbeit des Staates mit den Wohltätigkeitsorganisationen bekämpft werden können und nicht ohne sie. Die privaten Organisationen sind nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. Vorhandene Strukturen müssen sich vernetzen und gegenseitig unterstützen, fordert Maxim Jegorow vom Zentrum für humanitäre Hilfe in Moskau. Bis sich diese Erkenntnis durchsetzt, werden wohl weiterhin „Amtsträger bestrebt sein, gute Arbeit zu verhindern und Aktivitäten privater Organisationen zu blockieren.“[21]
Wie auf dem Treffen einiger nichtstaatlicher sozialen Einrichtungen am 16.5.01 in der Britischen Botschaft in Moskau unter der Schirmherrschaft von ARC[22], einer britischen Hilfsorganisation, angedeutet wurde, gibt es hinter den Kulissen Machtkämpfe zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen. Sie konkurrierten um knappe finanzielle Mittel. Es werde Druck auf die im Sozialbereich tätigen NGOs ausgeübt, ihren Status in eine staatliche oder kommerzielle Organisation zu ändern. Vielleicht ist dieses Verhalten Ausdruck der von Kowaljow beschriebenen Tendenz in der russischen Beamtenschaft, „folgsame gesellschaftliche Organisationen wieder zu beleben, die von der Regierung abhängig sind und eng mit ihr zusammenarbeiten.“[23] Vielleicht sollen aber auch nur Geldmittel gebunden werden.
ARChat sich die Aufgabe gestellt, bereits bestehende Moskauer Wohltätigkeitsorganisationen zu unterstützen. Auch deutsche Organisationen und Vereine, beispielsweise die Russlandhilfe e.V., die von dem ehemaligen deutschen Botschafter in Russland von Studnitz unterstützt wird, engagieren sich in Russland.

Zivilgesellschaftliche Strukturen entstehen also in zunehmendem Maße durch den Einfluss und die Unterstützung ausländischer Organisationen. Sie verstärken bestehende Initiativen oder geben einen Anstoß zu bürgerschaftlichem Engagement. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Zahl der Organisationen genau in den Bereichen angestiegen ist, auf die sich die ausländische Hilfe konzentriert: Es sind die Bereiche Wohlfahrt, Bildung, Kultur und Soziales. Die Hilfe besteht aus finanziellen Zuwendungen, aber auch aus konzeptioneller und personeller Hilfe, aus Fortbildung und dem Austausch von Erfahrungen in den jeweiligen Bereichen. Sponsorengelder machen 60% des Etats einer russischen Wohltätigkeitsorganisation aus.[24] Dieser hohe Unterstützungsgrad birgt natürlich die Gefahr der Abhängigkeit von westlichen Geldquellen.
Die staatliche Unterstützung der NGOs wurde nach 1998 gekürzt. Dem Direktor einer nichtstaatlichen Einrichtung für behinderte Kinder in Pereslawl, der die Kommune um finanzielle Unterstützung gebeten hatte, wurde nahe gelegt, sich Sponsoren zu suchen. Wer also keine Sponsoren findet, kämpft auf verlorenem Posten.
Während ihres Praktikums in dem Moskauer nichtstaatlichen Reha - Zentrum mit integrativem Ansatz Preodolenije- L hatte die Verfasserin die Möglichkeit, auf Arbeitssitzungen und Seminaren mehrere soziale Einrichtungen in der Hauptstadt und ihre Probleme kennen zu lernen. Hauptprobleme sind die finanzielle Ausstattung, die Akzeptanz bei den Behörden und die langwierige Suche nach erforderlichen Räumen.
Es verfestigte sich der Eindruck, dass die Unterstützung und Akzeptanz bei den russischen Behörden und bei Vermietern abhängig ist von dem von der Organisation betreuten Klientel. Organisationen, die sich um Straßenkinder und Behinderte kümmern, werden bei der Vergabe von Wohnraum ausgegrenzt.[25] Noch immer störten sich in Russland sehr viele Menschen an Behinderten oder Obdachlosen, meinte dazu im Frühjahr 2001 Natalja Tikunova, ehemalige Physiotherapeutin in einem Moskauer Krankenhaus für behinderte Kinder.

Das Zentrum für humanitäre Hilfe (CHA) beispielsweise, das sich um Obdachlose in der Hauptstadt kümmert und eine Suppenküche unterhält, wurde zum Spielball unterschiedlicher Interessen. CHA, eine Initiative von Exilrussen und einheimischen Enthusiasten, hatte von der russisch-orthodoxen Kirche St. Peter und Paul in Moskau 1998 Räume in einer alten Fabrik gemietet und dort eine Kleiderkammer eingerichtet, eine Obdachlosenzeitung herausgegeben, Essen für Obdachlose und Bedürftige ausgegeben und ein Beschäftigungsprogramm für obdachlose Kinder in den Räumen des Moskauer Zentrums für ästhetische Erziehung angeboten. Die Zeitung musste schon bald aufgrund nicht finanzierbarer Produktionskosten und sinkender Auflage ihren Vertrieb einstellen. Es hatte sich keine Firma gefunden, die inserieren wollte. Die Beschulung der obdachlosen Kinder wurde zwangsweise nach 3 erfolgreichen Monaten aufgegeben, da die Miete nicht mehr bezahlt werden konnte, und die Räumlichkeiten für die Beschulung der normalen Kinder aus dem Stadtteil benötigt wurden.
Die Moskauer Stadtregierung sorgte sich im Jahr 1998, dem Jahr des 850. Stadtjubiläums und dem Jahr der Weltjugendfestspiele - (11.-19.7.1998) unter der Schirmherrschaft des IOC - um das Image der Hauptstadt und beendete über die Miliz das Essensprogramm von CHA. Gleichzeitig wurden die obdachlosen Menschen und Flüchtlinge in der Stadt in die Randbezirke Moskaus ausgelagert.
In der Zeit danach häuften sich die Beschwerden von Geschäftsleuten in der Nachbarschaft von CHA. Im Februar 2000 schloss die russisch-orthodoxe Kirche St. Peter und Paul einen Vertrag mit dem Verkehrsministerium zum Bau eines Hotelkomplexes auf dem Platz der alten Fabrik. CHA musste das Gelände räumen und unterhält nun auf einem Rasengelände in der Uliza radio Nr. 2 eine Suppenküche unter freiem Himmel. Als Schutz gegen den Regen dient ein einfacher, neu erstellter Unterstand.
Wie groß die Nachfrage in der Bevölkerung nach Unterstützungsangeboten im sozialen Bereich trotz anfänglicher Skepsis inzwischen ist, zeigt die Einschätzung des Zentrums für Entwicklung der Demokratie und Menschenrechte. Demnach nahmen 1998 mehr als 21% der russischen Bevölkerung Dienstleistungen von nichtstaatlichen und nichtkommerziellen Einrichtungen in Anspruch.[26] Diese Einrichtungen seien einmalig, es gibt keine staatlichen und kommerziellen Entsprechungen. NGOs haben demnach ein Hilfsangebot, das den Bedürfnissen der Menschen entgegenkommt. Sie sind flexibler und näher an den Problemlagen der Menschen als die staatlichen unpersönlichen Großeinrichtungen.
Nachdem sie zu Beginn der 90-er Jahre von staatlicher Seite noch behindert worden waren, überlässt der Staat den russischen Wohltätigkeitsorganisationen inzwischen häufig die Lösung sozialer Probleme[27], ohne jedoch für einen angemessenen Ressourcentransfer zu sorgen. Natürlich könnte man jetzt berechtigterweise fragen, ob Wohltätigkeitsorganisationen durch ihre Arbeit nicht den Aufbau sozialstaatlicher Strukturen verhinderten. Was wäre aber die Alternative? Es bliebe wahrscheinlich beim Status Quo. Die Menschen hätten weiterhin keine vertrauenswürdigen Ansprechpartner für ihre Probleme. So aber gibt es eine innergesellschaftliche Bewegung, durch die langsam das Gesamtbewusstsein verändert werden kann. Zivilgesellschaftliche Gruppen können den Raum schaffen, so die Hoffnung von Howard, „in dem private Interessen eines Tages zur öffentlichen Angelegenheit gemacht werden könnten.“[28]
Es gilt daher, Fakten zu schaffen und auf deren normative Kraft zu vertrauen. Wohltätigkeitsorganisationen leisten eine wichtige Aufbauarbeit, die auf lange Sicht zu strukturellen Veränderungen führen muss. Durch die Akzeptanz bei der Bevölkerung werden die NGOs gestärkt. Sie entwickeln sich mit der Zeit zu zivilgesellschaftlichen Pressure Groups, die der Staat nicht einfach übergehen kann. Er wird gezwungen sein, den Dialog zu suchen und entsprechende strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen.

Äußerungen von Oleg Malginow, dem stellvertretenden Direktor der Abteilung für Angelegenheiten der Landsleute und für Menschenrechte im Außenministerium der Russischen Föderation gegenüber dem Sender Stimme Russlands am 10.12.2002 bestätigen diese These. Nach Malginow verstärke sich der Dialog mit der Bürgergesellschaft. Wünschenswert sei, dass von beiden Seiten mehr Ideen geäußert und es mehr praktisches gegenseitiges Verständnis gäbe. [29]
Leider konzentrieren sich die zivilgesellschaftlichen Strukturen nur auf den zentralen Landesteil und die Hauptstadt Moskau. Die Regionen sind noch unterentwickelt. Dort besteht jedoch großer Bedarf, wie die Verfasserin in der Moskauer Einrichtung Down-Side-Up im Frühjahr 2001 erfahren hat. Down Side Up wurde 1995 gegründet, um das Leben von Kindern mit dem Down-Syndrom qualitativ zu verbessern. Nach Aussagen von Suzette de Boer, der zuständigen Programmleiterin, leben derzeit etwa noch 90 % der Kinder mit Down Syndrom in Heimen. Anrufer aus den Regionen, z.B. aus Perm und Nishni-Nowgorod, meldeten sich bei Down-Side-Up mit der Bitte um Informationen, nachdem sie über den Rundfunk von den bestehenden Unterstützungsangeboten für Eltern und deren behinderte Kinder in der Hauptstadt erfahren hatten. Überlegungen der Mitarbeiter dieser führenden, von der englischen Mutterorganisation unterstützten und initiierten Einrichtung im Zentrum Moskaus, gingen dahin, Fachpersonal in die Regionen zu entsenden, damit sie betroffene Eltern beim Aufbau von Selbsthilfegruppen unterstützen. Eine weitere Möglichkeit schien die Intensivierung der Berichterstattung über dieses Thema mit Hilfe der Medien.
Die russischen Wohltätigkeitsorganisationen haben also auch neben ihrer selbst gestellten Aufgabe, individuelle Hilfe zu leisten und die Menschen zu befähigen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, die wichtige Funktion eines Multiplikators.
Sie tragen mit ihrer Arbeit auch zu einer sozialen Entspannung bei. Sie entlasten den Staat, dessen Aufgabe es eigentlich wäre, durch eine adäquate Sozial- und Wirtschaftspolitik soziale Problemlagen zu verhindern. Unverständlicherweise gibt es dennoch in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten im Umgang mit den Behörden.

Aber auch dort, so Franziska Reich, die seit 10 Jahren die Schweizer Hilfsorganisation G2W in Moskau vertritt, säßen immer Menschen, die man an ihrem Ehrgefühl packen könne. Sie habe noch nie irgendwelche Schmiergelder bezahlt. Bei Schwierigkeiten appelliere sie an den Nationalstolz ihres Gegenübers: „Sie sind Russe und mögen ihr Volk, dann helfen sie.“[30]Durch die Zusammenarbeit ausländischer und russischer Wohltätigkeitsorganisationen sind sich die beteiligten Menschen näher gekommen. Viele Organisationen in Moskau haben internationale Mitarbeiter. Sie lernen voneinander, sie tauschen sich aus, ergänzen sich, sind in der Aus- und Fortbildung tätig und suchen gemeinsam nach geeigneten und möglichen Wegen der Hilfe.
Wie Franziska Rich auf dem Fachtag der Aktion „Hoffnung für Osteuropa“ am 16.2.2002 betonte, haben die russischen Partnerorganisationen inzwischen ihr eigenes Profil gewonnen. Sie arbeiteten auf einem hohen Niveau. Im Gegensatz zu früher hätten die ausländischen Organisationen es jetzt mit gleichwertigen Partnern zu tun, es gäbe kein Ungleichgewicht mehr wie früher. Rich sieht ihre Aufgabe als Ausländerin darin, die Partner zu motivieren und Hilfsansätze aufzuzeigen. Die entstehenden Partnerschaften und die gewachsenen Beziehungen erzeugten ein Gefühl von Zusammengehörigkeit.
Viele ausländischen Hilfsorganisationen haben wie Frau Rich erkannt, dass eine effiziente Hilfe eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit russischen Organisationen erfordere, bei der die spezifischen soziokulturellen Besonderheiten und die Bedürfnisse und Interessen der Betroffenen berücksichtigt werden. Beide Seiten haben ein gemeinsames Ziel. Um dieses zu erreichen, bündeln sie nun ihre jeweiligen Kräfte.

Vorausgegangen waren schmerzliche Erfahrungen auf dem Gebiet der humanitären Hilfe für Russland, sowohl auf Geber- als auch Nehmerseite. Der daraufhin einsetzende Bewusstseinsprozess ist vergleichbar mit dem Umdenkprozess in der Entwicklungshilfe. Auch hier wurde in den 70-er Jahren erkannt, dass eine nachhaltige weltweite Armutsbekämpfung die Einbeziehung vorhandener Strukturen und der Betroffenen erfordere und Hilfe immer eine Hilfe zur Selbsthilfe sein müsse. Statt unsere „Errungenschaften“ zu exportieren, sei eine gleichberechtigte Zusammenarbeit nötig, die Selbsthilfe-Initiativen und Selbsthilfe-Organisationen fördere.[31] Seither wird bei der Hilfe auf staatlicher Ebene von Entwicklungszusammenarbeit gesprochen, die auf den Grundprinzipien Beteiligung und Nachhaltigkeit basiert.
Auch Peyko[32] kritisiert die paternalistische Haltung von Helfern, die nach dem Motto agierten: Ich weiß, was für dich gut ist. Sie fordert ein Nachdenken über die Ursachen und über die Zusammenhänge von Armut sowie über nachhaltige Lösungen. Es gilt, die Würde des Menschen zu achten, das soziale Gefüge nicht zu zerstören, die Fähigkeiten der Beschenkten nicht zu missachten und die Menschen nicht abhängig zu machen.

Humanitäre Hilfe ist Ausdruck der Solidarität von Mensch zu Mensch. Sie soll den Schwächsten einer Gesellschaft unabhängig von ihrer ethnischen, religiösen oder politischen Zugehörigkeit zugute kommen.[33] Entscheidend sind die Bedürfnisse und die Interessen der Opfer.
Traditionell liegt die Verantwortung für die Durchführung humanitärer Hilfe bei unabhängigen, neutralen und privaten Hilfsorganisationen.[34]
„Der Gedanke der Solidarität wird pervertiert, wenn nur die reichen Menschen aus den armen Ländern profitieren, vom Geld der armen Menschen aus den reichen Ländern.“[35]
Das offizielle Eingeständnis von Präsident Gorbatschow im so genannten Hungerwinter 1990/91, dass die sowjetische Bevölkerung Hilfe aus dem Ausland benötige, war der Auslöser für eine breite, internationale Welle der Unterstützung. Mit zahlreichen Hilfstransporten wurden Lebensmittel, Bekleidung, medizinische Geräte, Medikamente, Krankenhausbetten, Rollstühle, Gehhilfen und Spielsachen ins Land gebracht, u.a. auch aus Deutschland. Dazu hatten Gorbatschow und der damalige deutsche Bundeskanzler Kohl gemeinsam aufgerufen. Kirchliche und private Organisationen und Initiativen folgten euphorisch dem Hilfeaufruf. Sie waren bereit, den Opfern des gesellschaftlichen Wandels zu helfen.
Mitleid mit der Not leidenden Bevölkerung, Wiedergutmachung für zugefügtes Unrecht im Zweiten Weltkrieg, Interesse an den Menschen hinter dem ehemaligen Eisernen Vorhang, Abenteuerlust, Idealismus und Selbstverwirklichung waren möglicherweise Motive für das Engagement.

Mittelbare Empfänger der Spenden waren meistens die Verwaltungen der Städte und Kreise, welche die Hilfe an Kinder- und Behindertenheime, Krankenhäuser und bedürftige Privatpersonen weitergaben. Zunächst wurde die Hilfe problemlos und ohne nennenswerte Bürokratie über das russische Rote Kreuz oder direkt von den jeweiligen Verwaltungen in Zusammenarbeit mit den ausländischen Hilfsorganisationen verteilt, wenn diese Wert darauf legten. Der Transport konnte am Anfang unbürokratisch mit Unterstützung des sowjetischen Verteidigungsministeriums und der Fluglinie AEROFLOT organisiert werden.
Sehr schnell stellte sich jedoch heraus, dass mit den Spenden aus dem Westen Geschäfte gemacht wurden. Sie erschienen als Waren auf dem Schwarzmarkt zu erhöhten Preisen. Außerdem verstanden einige Spender im Westen den Hilfeaufruf wohl falsch und entsorgten über die Transporte ihren Müll in Russland, so dass den russischen Verwaltungen, die als Empfänger verantwortlich für die Hilfen waren, nicht nur Kosten für die Beseitigung entstanden, sondern auch, verständlicherweise, ihr Nationalstolz verletzt wurde.
Inzwischen war die UdSSR aufgelöst und Jelzin Präsident der Russischen Föderation. Seine Regierung reagierte auf die Geschäfte und negativen Erfahrungen mit der humanitären Hilfe mit der Einsetzung der Regierungskommission für humanitäre und technische Hilfe. Bei dieser Moskauer Behörde müssen seither bei der Einfuhr von Kleidung, medizinischen Geräten, Medikamenten und Artikeln des medizinischen Bedarfs Zertifikate und Lizenzen deutscher Arzneimittelfirmen sowie eine amtliche Bestätigung, dass die Textilien desinfiziert sind, eingereicht werden. Für die Bearbeitung entstehen den Empfängerorganisationen Kosten, die sie oft nicht tragen können.
Erst bei Vorliegen einer Registrierung und der Genehmigung, die zur Zeit 6-9 Monate und länger dauert, können die Hilfsgüter auf den Weg gebracht werden. Zuvor müssen jedoch noch die ständig wechselnden Einfuhrbestimmungen beachtet werden. Fehlt ein Papier oder ein Stempel beim Überschreiten der russischen Grenze, wird der Transport gestoppt. Erst bei Nachreichen des fehlenden Dokuments kann es weitergehen. Hat die LKW-Mannschaft alle Grenzformalitäten durchlaufen und sind sie dann endlich in Russland angekommen, müssen die Hilfsgüter noch entzollt werden.

Am Anfang war dafür der Zoll auf dem internationalen Moskauer Flughafen Scheremetjewo 2 zuständig. Hartnäckigkeit und Ausdauer waren im Umgang mit den Zöllnern gefragt. Die Zahlung von Schmiergeldern beschleunigte die Abwicklung. Wer dazu nicht bereit war, brauchte einen langen Atem. Der Zoll erwies sich immer mehr als Staat im Staat. Entgegen der Regierungsanordnung vom März 1992, dass humanitäre Frachten des Roten Kreuzes außer der Reihe und ohne Zollgebühren abgefertigt werden sollten, lagen Medikamente und medizinische Geräte nach Angaben der Literaturnaja Gazeta vom 24.8.94 wochenlang in den Lagern der Flughäfen.[36]Für ihre „Dienstleistungen“ wollten die Zöllner bezahlt werden. Auch das Rote Kreuz wurde verdächtigt, sich an der humanitären Hilfe zu bereichern.[37]

Seit Mitte der 90-er Jahre sind für die Zollabwicklung die Gebietszollämter zuständig. Die Entzollung wurde dadurch etwas erleichtert, aber auch hier beschleunigte es die Abwicklung, wenn die Zöllner entweder einen Teil der humanitären Hilfe oder Bestechungsgelder erhielten. Russische Zöllner sind schlecht bezahlt, sie wurden immer erfindungsreicher und verlangten schließlich sogar Lagergebühren. Die Entscheidungen des Zolls erschienen einem Außenstehenden oft willkürlich. Dass im Sommer 2001 trotz Intervention höchster deutscher Stellen die Entzollung einer Hilfslieferung mit Spielsachen und Kleidung für obdachlose Kinder monatelang dauerte, während gleichzeitig eine Lieferung mit Waffen problemlos freigegeben worden war, erscheint absurd. Der russische Empfänger der humanitären Hilfe erschien fast täglich auf dem Flughafen, ohne Erfolg. Man ließ ihn warten und behandelte ihn von oben herab. Er war der Willkür der Beamten schutzlos ausgeliefert. Es wurde sogar seitens dieser Leute bezweifelt, dass es in Moskau obdachlose Kinder gäbe. Schon allein diese Aussage zeugt von einer unverschämten Ignoranz angesichts mehr als 20 000 obdachloser Kinder allein in der russischen Hauptstadt.
Wie Martin Gerhardt vom Diakonischen Werk Ettlingen in seinem Referat über Möglichkeiten und Grenzen von Hilfstransporten auf dem Fachtag „Hoffnung für Osteuropa“ am 16. Februar 2002 in Karlsruhe ausführte, kam es bei der Durchführung von Hilfstransporten u.a. auch zu Konkurrenzsituationen bei der Entzollung. Die Polizei der Stadt E. hatte beispielsweise ihren russischen Kollegen von der Miliz und deren Familien in der Partnerstadt humanitäre Hilfe zukommen lassen. Dadurch erwuchsen Neidgefühle beim örtlichen russischen Zoll. Denn auch ihren Familien ging es schlecht.

Das Ausbrechen von Konflikten, von Neid, Korruption, Streit, Verdächtigungen und persönlicher Bereicherung können die zerstörerischen Wirkungen eines Hilfsgütereinsatzes sein, wie auf der Tagung von Fairwertung zum Thema Hilfe für Bedürftige oder Entsorgung von Überschüssen am 20./21.1.2000 festgehalten wurde und durch eigene Erfahrungen bestätigt werden kann.
Die negativen Auswirkungen von Hilfstransporten könnten durch viele weitere Beispiele belegt werden: Dass beispielsweise Krankenhausbetten nicht für die einfachen Patienten, sondern zur Einrichtung von Erste - Klasse Zimmern benutzt wurden, die der Chefarzt für zahlungskräftige Patienten freihielt. Dass Heimkindern nach dem Besuch der Gäste aus dem Westen die Geschenke abgenommen wurden, dass Kinder in bestimmten Heime nicht die neuen, sondern die abgetragenen Schuhe bekamen, dass immer nur die gleichen Einrichtungen Hilfe erhielten, während andere erst gar nicht informiert worden waren...
Statt die wirklich Bedürftigen im Sinne der Geber zu erreichen, besteht die Gefahr, dass Spendengüter der persönlichen Bereicherung derjenigen dienen, welche die besten Beziehungen zu den Verteilern haben. Wenn immer die gleichen Einrichtungen humanitäre Hilfe erhalten und zu ihnen keine partnerschaftliche Beziehung besteht, entwickeln sie eine regelrechte Erwartungshaltung. Eigeninitiative wird unterminiert, Abhängigkeiten und Unselbständigkeit sind die logische Konsequenz.
Nicht zu unterschätzen sind die möglichen psychologischen Folgen einer Hilfsgüterverteilung. Zwischen Geber und Nehmer besteht eine asymmetrische Beziehung. Der Hilfeleistende schreibt dem Empfänger ein Bedürfnis zu und definiert es als Mangel, den es zu beheben gelte. Er entmündigt auf diese Weise den Empfänger und führt ihm, ohne das zu wollen, die Dominanz westlicher Konsumgesellschaften vor Augen. Der arme Käufer westlicher Altkleider werde nach Peyko zu einem armen Schwein abgestempelt, der aus „zweiter Hand leben und die Reste des goldenen Westens auftragen“ müsse. (92).

Hochproblematisch kann es werden, wenn ältere Menschen, die den Großen Vaterländischen Krieg erlebt haben, vom ehemaligen Feind Hilfe erhalten. Der 60-jährige Rentner A.Scharpilo, der immer gearbeitet hatte, dem am Ende aber nicht viel blieb und der aus Verzweiflung Selbstmord beging, meinte kurz vor seinem tragischen Tod:
„Trinkt die Freiheit! Eßt die Freiheit! So ein Land kaputtzumachen!(..) Unter Gorbatschow, unter Jelzin. Und ich habe Bäume gefällt und Gleise auf dem Buckel geschleppt. Gestern habe ich drei Stunden nach Milch angestanden, und als ich dran war, war sie alle! Dann habe ich ein Geschenkpaket aus Deutschland gekriegt- darauf kann ich verzichten! Die Deutschen kamen mit Schäferhunden, und wir standen im Sumpf,(...) Ich will keine deutschen Kekse und keine deutschen Pralinen! Ich kann darauf verzichten! [38]

Hier zeigt sich die Tragik einer ganzen Generation. Sie fühlt sich vergessen und missbraucht von ihren eigenen Leuten. Ihr bisheriger Lebenssinn wird durch den Wertewandel in Frage gestellt. Eine unpersönliche Hilfe in Form von Lebensmittelpaketen ist sicherlich gut gemeint, bewirkt aber in einer Situation wie der geschilderten, dass der Empfänger sich noch kleiner vorkommt und sein Nationalstolz verletzt wird. Die Hilfspakete enthielten außerdem oftmals Dinge, die nicht den Eßgewohnheiten und den Bedürfnissen der Empfänger entsprachen.[39] Nicht selten kamen auch zerrissene oder schmutzige Kleidung und Schuhe bzw. defekte Spielsachen oder abgelaufene Schokolade zum Vorschein. Diese Art der Hilfe verletzt die Menschenwürde des Empfängers.
Tiefe menschliche Begegnungen sind jedoch möglich, wenn die Hilfe für Privatpersonen individuell und persönlich gestaltet wird und der Empfänger spürt, dass er und seine Situation verstanden werden. Einfühlungsvermögen und Feingefühl sind vonnöten, damit es zu bewegenden Begegnungen wie der folgenden kommen kann:

Einem beidseitig beinamputierten ehemaligen Kriegsteilnehmer, der im Zweiten Weltkrieg nicht nur beide Beine, sondern auch noch ein Auge verloren hatte und sich in seiner Wohnung auf einem Holzbrett mit Rollen fortbewegte, wurde vom fast gleichaltrigen deutschen Leiter einer Hilfsorganisation ein besonderer Rollstuhl überbracht, mit dem er sich selbständig, nur mit eigener Muskelkraft im Freien fortbewegen konnte. Diesem Mann wurde dadurch ermöglicht, wieder am sozialen Leben außerhalb des Hauses teilzunehmen. Seine neu gewonnene Mobilität nutzte er, um sich mit den Nachbarn im Park zwischen den großen Häuserblocks zu treffen. Ohne große Worte und Gesten hatten ehemalige Kriegsgegner zusammengefunden, eine Art Versöhnung fand statt. „Ich habe nichts gegen die Deutschen, nur gegen Faschisten“, waren die Worte eines Manns, dessen Leben sich durch den Krieg radikal verändert hatte, während er bei Brot, Salz und sauren Gurken die Gäste aus Deutschland nach alter russischer Sitte in seiner Wohnung begrüßte.

Begegnungen dieser Art sind es, die motivieren, weiterhin in dieses Land zu gehen, die Menschen aufzusuchen und ihnen solidarisch zu begegnen. Ermöglicht wurden die Kontakte im Rahmen von solchen Hilfstransporten, bei denen sich die Verantwortlichen nicht darauf beschränkten, Spendengüter abzuliefern und sich wieder zurückzuziehen. Durch die Kontakte zu einzelnen vertrauenswürdigen Institutionen und Menschen entstand ein Beziehungsgeflecht, das alle negativen Erfahrungen im Verlauf der Hilfstransporte überdauerte und zur Wiege einer neuen Art der Zusammenarbeit wurde.
Diese wurde erforderlich, da die russischen Stadtverwaltungen seit 1998 auf Beschluss der Regierung angehalten sind, keine Hilfstransporte mehr anzunehmen. Gemäß präsidialer Verordnung ist humanitäre Hilfe offiziell in Russland nicht mehr erwünscht. Als Empfänger treten jetzt, wenn überhaupt, russische Partnerorganisationen in Erscheinung. Schon 1994 hatte der damalige Regierungschef Tschernomyrdin die Meinung vertreten, dass Russland die Epoche der humanitären Hilfe bereits hinter sich habe und sich in einem neuen Stadium befinde, in dem nur noch Geld gebraucht würde.[40] Angesichts der großen Not breiter Bevölkerungskreise erscheint diese Äußerung zunächst sehr menschenverachtend. Denn natürlich besteht weiterhin Bedarf an Unterstützung, wie bereits im Kapitel über die soziale Lage der Menschen aufgezeigt wurde. Tatsache ist aber auch, dass es alles Notwendige vor Ort zu kaufen gibt und den Menschen dafür nur das nötige Geld fehlt. Auch der ehemalige Botschafter der Bundesrepublik in Moskau, Dr. Ernst von Studnitz, verweist angesichts erschwerter und daher praktisch unmöglicher Sachmittellieferungen nach Russland auf die zunehmende Bedeutung von Geldspenden.

„Almosen verderben die Seele des Gebers wie des Nehmers und verfehlen zu alledem ihren Zweck, denn sie verschlimmern die Armut.“ Fjodor Dostojewskij[41]
Allem Ärger zum Trotz lag in dem restriktiven Verhalten der russischen Regierung auch die Chance für eine neue Qualität der Beziehungen zwischen russischen und ausländischen Organisationen: die Chance, gemeinsam und effektiv, ohne unnötigen Kräfteverschleiß und ohne Behinderung durch bürokratische, teilweise korrupte staatliche Behörden, Ideen umzusetzen in Form gemeinsamer Projektarbeit als Hilfe zur Selbsthilfe. So unterstützt beispielsweise die Rußlandhilfe mit Sitz in Frankfurt Projekte zur

  • Förderung Jugendlicher in Strafkolonien: Ausbildungsprojekte in einer Mädchenstrafkolonie, Rehabilitationszentrum für strafentlassene junge Mädchen, Schul-, Kunst und Handwerksunterricht für Jungen in einem Untersuchungsgefängnis, Hilfe und menschliche Begleitung für gefangene Waisen und Sozialwaisen
  • Förderung von Integration und Lebenschancen für behinderte Kinder
  • Förderung von Selbsthilfe in Heimarbeit und handwerklichen Kleinstbetrieben: Spielzeugwerkstätten und Frauenstrickerei


Das Augenmerk vieler ausländischen Organisationen wurde, sofern sie sich nicht ganz aus der humanitären Hilfe für Russland zurückzogen, jetzt plötzlich in stärkerem Maße auf die Hilfeempfänger, die vorherrschenden Strukturen, und mögliche Partnerorganisationen gelenkt:

  • Welche soziale Infrastruktur gibt es?
  • Welche einheimischen Initiativen haben sich zu welchem Zweck gebildet?
  • Welche Zielgruppen gibt es? Welcher Bedarf besteht?
  • Wie und unter welchen Bedingungen wird gearbeitet?
  • Wer ist vertrauenswürdig?
  • Wie können sich bestehende Einrichtungen vernetzen?
  • Wer kommt als Partner in Frage?
  • Wie soll die Zusammenarbeit aussehen?


Die Hilfeleistenden waren auf einmal gezwungen, die Perspektive zu wechseln und über Armut und ihre Ursachen sowie über adäquate Formen einer nachhaltigen Hilfe und der Zusammenarbeit nachzudenken. Vorher hatten sie teilweise eigenmächtig, ähnlich wie der paternalistische kommunistische Staat, bestimmt, was die Empfänger benötigten und dadurch das bestehende soziale Gefüge wie beschrieben gestört. Sie hatten außer Acht gelassen, dass die Betroffenen am besten wissen, was sie brauchen und sie durch ihre unreflektierte Hilfe unbeabsichtigterweise entmündigt und manchmal vielleicht auch entwürdigt.
Menschen ohne Perspektiven in Zeiten struktureller Krisen benötigen nicht den Fisch, sondern die Angel. D.h., die Hilfe muss eine Hilfe zur Selbsthilfe sein, welche die Eigenanstrengungen der Betroffenen nicht ersetzt, ihre Fähigkeiten berücksichtigt und ihnen ihre Eigenverantwortung lässt und ihre Würde achtet.
Das bedeutet beispielsweise,

  • dass ein Heim keine Kleidung, sondern eine Nähmaschine bekommt, die vor Ort eingekauft werden kann und kein westliches Luxusmodell sein muss.
  • dass marode sanitäre Anlagen in Kinderheimen renoviert werden, um zu verhindern, dass sich die Kinder immer wieder gegenseitig mit Krankheiten anstecken
  • dass tuberkulosekranke Kinder, die für lange Zeit isoliert von ihren Familien und der Außenwelt leben müssen, durch die Einrichtung und Ausstattung von Schulklassen in Sanatorien und Krankenhäusern unterrichtet werden können. Die einheimische Industrie wird dadurch gefördert, wie das folgende Beispiel belegt:


Durch die Bestellung von Schultischen und Bänken durch eine ausländische Hilfsorganisation hatten die Schreiner in einer Möbelfabrik in Sibirien endlich wieder bezahlte Arbeit. Sie hatten schon lange keinen Lohn mehr gesehen und freuten sich, endlich wieder Geld für ihre Arbeit zu erhalten. Dafür legten sie sogar eine Nachtschicht ein.
Für die zukünftige Hilfe, die vornehmlich über die finanzielle Unterstützung von Projekten laufen sollte, war eine besondere Überzeugungsarbeit, auch in den eigenen Reihen der hilfeleistenden ausländischen Vereine, notwendig. Die durch die Zurückweisung der russischen Behörden erfahrene Kränkung musste zunächst verschmerzt werden.
Potentielle Spender waren davon zu überzeugen, dass trotz allem humanitäre Hilfe in Russland nötig war. Die Frage stellte sich, inwieweit über negative Erfahrungen mit den russischen Behörden berichtet werden konnte und sollte, ohne dadurch den Spendenfluss zu gefährden. Bei Sachspenden waren die Menschen bisher sehr großzügig gewesen, bei Geldspenden verhielten sie sich eher zurückhaltend. Hier war es wichtig, Bedenken auszuräumen und aufzuzeigen, was mit welchen Mitteln für die Notleidenden erreicht werden kann. Erfahrungsgemäß spenden die Leute immer dann bereitwillig, wenn sie genau wissen, dass das Geld direkt den Bedürftigen zugute kommt. Das erfordert jedoch eine gute Öffentlichkeitsarbeit.

Die russischen Organisationen und Initiativen ihrerseits waren gezwungen, ihre Arbeit zu überdenken Sie mussten sich aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen überlegen, wie sie ausländische, aber auch einheimische Sponsoren für die Unterstützung ihre sozialen Aufgaben gewinnen konnten. Dass sie dabei auch mitunter auf die Unterstützung solcher Sponsoren wie McDonalds oder Coca Cola zurückgreifen, lässt sich nicht vermeiden. Coca Cola hat z.B. Ende 2000 junge russische Schauspieler dafür gewonnen, vor russischen Kindern in den Heimen der Hauptstadt mit einer Unterhaltungsshow aufzutreten. McDonalds unterstützte beispielsweise auch das Reha-Zentrum Preodolenije -L in Moskau mit Geschenken für die Kinder. Es handelt sich nach Meinung der Verfasserin um eine weitere Methode der beiden amerikanischen Unternehmen, um über die Hintertür mit ihren Produkten auf dem russischen Markt Fuß zu fassen.
Russische nichtstaatliche Organisationen benötigen jedoch Partner, die mit ihnen zusammen das gleiche Ziel erreichen wollen. Damit das gelingt, müssen Interessen vorher abgeglichen werden. Die Partnerschaft sollte das Wohl der hilfsbedürftigen Personen im Blick haben und nicht geschäftlichen oder religiösen Interessen dienen. Dass für die Verwirklichung der gemeinsamen Ziele natürlich nicht nur gute Worte sondern Geld und materielle Hilfen nötig sind, versteht sich von selbst. Denn soziale Arbeit kostet Geld, wie Limbrunner vermerkt: Geld und materielle Hilfen seien „elementare Mittel der sozialen Unterstützung“[42]
Geld kann jedoch korrumpieren. Damit es zweckentsprechend eingesetzt wird und nicht der persönlichen Bereicherung dient, muss der russische Partner vertrauenswürdig sein und genau wie die Partnerorganisation in Deutschland gegenüber ihren Spendern Rechenschaft ablegen über diezweckentsprechendeVerwendung der Spenden. Regelmäßige Besuche vor Ort dienen nicht nur der Kontaktpflege und der Projektentwicklung, sondern auch der Überprüfung des sachgemäßen Einsatzes der Spendengelder. Hilfreich ist es, wenn vor Ort Vertrauensleute leben, die den ständigen Kontakt sowohl zur deutschen Seite als auch der russischen halten bzw. ihn als Mittler überhaupt erst herstellen.
Wer blind vertraut, riskiert, dass Spendengelder beispielsweise nicht für die Ausstattung eines Kinderheimes ausgegeben werden, sondern in den Taschen des Heimleiters verschwinden oder, wie im Fall einer deutschen Verwaltung, große Summen nicht für den geplanten Kauf einer Krankenhausküche in der russischen Partnerstadt verwendet werden und stattdessen in dunklen Kanälen verschwinden.
Die Hilfe sollte so angelegt sein, dass sie den russischen Partner stärkt und ihn mit der Zeit unabhängig macht. Der Weg dorthin führt über eine partnerschaftliche Zusammenarbeit.
Diese ist gekennzeichnet durch eine symmetrische Beziehung zwischen allen beteiligten Partnern: der gebenden Organisation, der russischen Organisation und der betroffenen Zielgruppe. Entscheidungen über die Entwicklung der Hilfe und die Ressourcenverwendung werden unter Beteiligung der genannten Gruppierungen einvernehmlich getroffen und orientieren sich an den Interessen und Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe unter Berücksichtigung der nationalen soziokulturellen Rahmenbedingungen. Denn ein Projekt wird nur Erfolg haben, wenn die betroffene Zielgruppe sich damit identifiziert und den Nutzen für sich erkennt. Voraussetzung dafür ist neben der angemessenen Miteinbeziehung der Zielgruppe, dass die Helfer die gewachsenen gesellschaftlichen Strukturen und Gesetze, das Lebensumfeld, die Stärken und Schwächen und die Bedürfnisse der betroffenen Zielgruppe kennen.
An diesem Punkt setzt die Zusammenarbeit der deutsch-russischen Organisationen an. Wer sonst als der russische Partner kennt die Situation besser? Seine Erfahrung spielt eine wesentliche Rolle bei der Organisation der Hilfe. Darauf greifen die ausländischen Helfer zurück und verbinden sie mit ihren Vorstellungen.



[1] Sowjetskaja Rossija, 19.2.1998: Siroty na export
[2] Haug, Korruption und Kleptokratie in lpb: Der Bürger im Staat, Russland unter Putin, 2/3,2001
[3] Limberger, „Go East“, in: Sozialmagazin September 2002,48
[4] ebd.,48
[5] Alexijewitsch, 1999: Seht mal, wie ihr lebt, Russische Schicksale nach dem Umbruch, 11
[6] Gieth,1995: Die Transformation des Systems der sozialen Sicherung in der Russischen Föderation BIOst Nr. 11/ 1995,28
[7] Jargygina Der nichtkommerzielle Sektor in Russland in lpb, Der Bürger im Staat, Russland unter Putin Heft 2/3.2001
[8]Chachulina/Tucek zit. n. Beyme, Sozialer Wandel und politische Krise in Rußland,554
[9] vgl. Shapiro, Sozialarbeiterausbildung in Rußland: Eine Übersicht, www.tu-dresden.de/erzwiss/bu...
[10] Literaturnaja Gazeta, 18.8.1994, zit. nach Osteuropa-archiv 1995, Menschenrechte in Russland- noch immer ein Fremdwort , , in Zeitschrift Osteuropa, in: Jahresband 45/1995/5-8, A313
[11] Russland auf dem Weg zur Demokratie? in lpb: Der Bürger im Staat: Russland unter Putin, Heft 2/3,2001
[12] vgl. Heyden, 13.10.2000: Der Glückssucher vom Pawelezkij-Bahnhof, www.freitag.de/2000/42/00421101.htm
[13] vgl. Neufeldt, 1992: Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Rußland, Zeitschrift Osteuropa Heft 12, Dezember 1992, in Jahresband 1992/9-12,1056
[14] Krusch/ Friesen, IGFM 1997: Straßenkinder in Russland: Menetekel postsowjetischer Realität, 9
[15] vgl. Damman, 1995: „Wir sind klüger als ihr denkt“: Straßenkinder in St. Petersburg, 12
[16] Jargygina, Auf dem Weg zur Zivilgesellschaft, in lpb: Der Bürger im Staat: Russland unter Putin,2/3,2001
[17] www.europa.eu.int/abc/doc/off/bull/de/9706/p102010.htm1.2.10. Entschließung des Europäischen Parlaments zum Schicksal der Straßenkinder in Moskau, heruntergeladen am 24.2.02, siehe elektronischer Anhang
[18] UNICEF, 2001,Country Paper: Child and Family Welfare in Russia: Trends and Indicators, www.unicef-icdc.0rg/research/ESP/CountryReports2000_01/Russia00.pdf
[19] ebd.,30
[20] UNICEF, 2001,Country Paper: Child and Family Welfare in Russia: Trends and Indicators , www.unicef-icdc.0rg/research/ESP/CountryReports2000_01/Russia00.pdf, 30
[21] Maxim Jegorow, Zentrum für Humanitäre Hilfe, Moskau, 2002, im Gespräch mit der Verfasserin
[22] ARC: britischer „Frauenclub“ in Moskau mit internationalen ehrenamtlichen Helferinnen, unterstützt russische soziale Initiativen, Organisation von Benefizveranstaltungen, Spendenprogramme bei Exilrussen in UK, F, USA zur Unterstützung ihrer ehemaligen Landsleute
[23] vgl.Kowaljow, Literaturnaja Gazeta, 18.8.1994, zit. nach Osteuropa-archiv 1995, Menschenrechte in Russland- noch immer ein Fremdwort A313, in Osteuropa, Jahresband 45/1995/5-8
[24] vgl. Jarygina, Auf dem Weg zur Zivilgesellschaft in lpb: Der Bürger im Staat, Russland unter Putin, Heft 2/3, 2001
[25] vgl. Moskauer Deutsche Zeitung, 17.9.02: Zäher Kampf um Anerkennung, www.mdz-moskau.de/Russland_heute/2002/09/17/13.01.54.htm
[26] Jarygina, Auf dem Weg zur Zivilgesellschaft in lpb: Der Bürger im Staat, Russland unter Putin, Heft 2/3, 2001
[27] ebd.
[28] Howard, 1998: Zivilgesellschaft in Russland, Reflexionen zu einer Tagung, Zeitschrift Berliner Debatte Initial, 9 (1998) 2/3, in: Jahresband 1998, Pfälzische Landesbibliothek Per.132 37 /9.1998, 198
[29] Stimme Russlands, Deutscher Sendedienst von Radio Moskau, 10.12.2002: Aktuelles Thema, Der internationale Tag der Menschenrechte www.vor.ru/German/A_thema/athema.htm
[30] Rich auf dem Fachtag der Aktion „Hoffnung für Osteuropa“ am 16.2.2002 in Karlsruhe
[31] vgl. Moeller, 1981: Anders Helfen, Selbsthilfegruppen und Fachleute arbeiten zusammen,16
[32] Peyko, 2000: Weiße Westen im Osten ? Untersuchungen und Überlegungen zum Altkleiderexport nach Mittel- und Osteuropa, Herausgeber: Dachverband Fairwertung e.V. , 84
[33] vgl. Venro: Zivilgesellschaft & Entwicklung,19
[34] ebd., 18
[35] Gunnar Myrdal, zit. n. www.foundation.novartis.com/german/entwicklungshilfe_druck.htm
[36] zit. n. Osteuropa-archiv: Seltsame Umwege, korrupte Staatsdiener, Mißbrauch von Spenden, in: Jahresband 45/1995,5-8, A323
[37] vgl. Literaturnaja Gazeta, 24.8.1994, in Osteuropa-archiv: Seltsame Umwege, korrupte Staatsdiener, Mißbrauch von Spenden, in: Jahresband 45/1995,5-8, A323
[38] Alexijewitsch, 1999: Seht mal, wie ihr lebt, 24
[39] vgl. Osteuropa-archiv, Juni1995: Seltsame Umwege, korrupte Staatsdiener, Mißbrauch von Spenden, in: Jahresband Osteuropa 45/1995/5-8, A319
[40] vgl. Rußlandhilfe 2002, Faltblatt „Gemeinsam helfen- Hoffnung für Vergessene: Not lindern, Mut machen, soziale Initiative fördern
und Literaturnaja Gazeta, 24.8.1994 zit. n. Osteuropa-archiv, Juni1995: Seltsame Umwege, korrupte Staatsdiener, Mißbrauch von Spenden in: Jahresband Osteuropa: 45/1995/5-8, A324
[41] www.gtz.de/forum_armut
Pilotprojekt Armutsbekämpfung: Armut: Definitionen, Konzepte, Indikatoren,Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, siehe elektronischer Anhang
[42] Limbrunner: „Go East“, in: Sozialmagazin, H.9/2002, 49